Der freundliche Feind

Der freundliche Feind
Droemer Verlag
München 2009
ISBN 342627440X

Der freundliche Feind –
Wehrmachtssoldaten im besetzten Europa

Im April 1940 überfielen die Deutschen erst Dänemark und Norwegen, danach in rascher Folge die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich und die Kanalinseln. In all diesen Ländern etablierten sich die Deutschen auf Jahre hinaus als Besatzungsmacht. Es entstanden Besatzungsgesellschaften, was konkret bedeutete, dass die dortigen Zivilisten und die deutsche Soldaten einen Alltag miteinander gestalten, sich als Feinde wie als Menschen zueinander verhalten mussten. An sehr vielen Orten Nord- und Westeuropas entstanden zwischen den Soldaten und den Einheimischen geradezu nachbarschaftliche Verhältnisse. Das konnten private Kontakte sein, die beiden Seiten materielle Vorteile brachten, oft aber entdeckten die vermeintlichen Feinde, dass sie einander persönlich schätzten. Das brachte vor allem die Zivilisten oft in ein Dilemma: Konnte man als Patriot mit einem Wehrmachtssoldaten befreundet sein?

Geschrieben habe ich auch dieses Buch erst zehn Jahren, nachdem mir die Idee dazu kam. Dieses Mal lag die Verzögerung allerdings nicht an mir, sondern daran, dass ich keinen seriösen Verlag für das Buch finden konnte: Freundliche Wehrmachtssoldaten waren politisch nicht korrekt. Es musste sich in Deutschland erst einiges verändern, bevor ein solches Buch nicht automatisch als rechtsradikales Pamphlet abgetan wurde.

Gerade über den geteilten Alltag aber, der sich als ein Drittes zwischen Kollaboration und Widerstand hindurchlavieren musste, wurde und wird in ganz Europa beharrlich geschwiegen. Mich interessierte, warum das so ist. Ich wollte wissen, wie Zivilisten und Soldaten Seite an Seite – oder doch miteinander? – gelebt und welche Erinnerungen sie Jahrzehnte später aneinander hatten. Fünfzehn Jahre lang habe ich ehemalige Soldaten in Deutschland und Zeitzeugen vor allem in Norwegen befragt, für das Buch habe ich mich dann auch eingehender mit Frankreich befasst, um zu sehen, worin sich die Erfahrungen in zwei so unterschiedlichen Ländern wie Frankreich und Norwegen unterscheiden.

Bei den Interviews mit etwa 25 ehemaligen Soldaten begann ich mich zu fragen, wer (und wie) sie als junge Männer gewesen sein mochten. Ich hatte allerdings keineswegs die Absicht, mich damit weiter zu befassen. Dann fing ich an, das Buch über den Alltag im besetzten Europa zu schreiben, und zu meinem ehrlichen Erstaunen schrieb ich plötzlich auch Texte über eben jene Männer, die als Zwanzigjährige Soldat geworden waren. So entstanden vier Essays, die nun so etwas wie ein Buch im Buch sind.

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